Montag, 20. Juni 2011

Auf touristischen Wegen in den Altai


19.6.11
Nur allzu bald ist es Morgen und der Zug in Bijsk. Endstation – und für uns richtiger Startpunkt der Reise, somit Fahrräder entpolstern und zusammenbauen.
Endstation - der farbige Bahnhof von Bijsk
Unser Zug fährt zurück
Aus vergangenen Zeiten
Trotz Sonntag findet sich ein gut bestückter Supermarkt mit sehr hilfsbereitem Personal. Ich bin schon fast überfordert damit, denn meine Frage nach Milchpulver oder besser gesagt nach Milch ohne Wasser (denn Pulver hatte ich schon wieder vergessen, obwohl draussen nachgeschaut) löst eine grosse Suchaktion von zwei Verkäuferinnen aus. Nein, richtige Milch nicht, wir bleiben bei der Kondensmilch stehen. Aber die möchte ich ohne Zucker – da kommt Christian rein, er darf die Verkäuferinnen übernehmen, auf Fahrräder aufpassen ist braucht weniger Russisch.
Mit guten Vorräten geht’s los Richtung Gorno Altaisk. Die Teerstrasse führt zuerst vierspurig durch den Wald, der Verkehr ist eher stark und nimmt auch nicht ab als die zusätzlichen Spuren nicht mehr sind. Mehr oder wenig gerade führt die Strasse durch Wald, offenes Wiesenland und ab und an Dörfer, immer mal wieder sieht man Wegweiser zu Datschasiedlungen. Hey, was kommt denn uns da entgegen, schon unser erster Tourenradlerkollege. Er kommt aus Bijsk, war im Altai, musste aber früher umkehren, da er sich bei einem Sturz verletzt hatte. Der Altai sei schön, nur soll man sich von den Leuten in den Dörfern fernhalten beim Übernachten, er habe schlechte Erfahrungen gemacht, meint er. Christian bekommt noch eine Essensbüchse von ihm in die Hand gedrückt, was es ist verrät Christian mir nicht, er stopft die Büchse lieber tief in seinem Gepäck verborgen über eine Woche mit, und ignoriert die neugierige Dina.
Unser momentaner Begleiter
Bei einem Restaurant gibt es eine grosse Ansammlung von Marktständen, sind auf Touristen ausgerichtet, aber trotz den vielen Ständen herrscht keine Vielfalt an angebotenen Produkten. Honig überwiegt. Es wird immer wärmer, auch die gekaufte Glace bringt nicht gross Kühlung. Mittagessen gibt’s im Schatten am Fluss, zuerst teilen wir den schönen Platz mit einer russischen Touristenkleingruppe und einem Angler, die Gruppe geht aber bald und so ist es obwohl Strassennähe ruhig, so dass Christian gemütlich einschläft. Kaum sind wir wieder losgefahren führt die Strasse über einen Zufluss zu unserem Mittagessenfluss. Hier ist Badehochbetrieb, wir können auch nicht widerstehen und plantschen bald im braunen erstaunlich warmen Wasser.
Der Verkehr aus der Gegenrichtung wird immer stärker, scheinen viele fürs Wochenende in den Altai gefahren zu sein und sind nun wieder auf dem Rückweg. Beim Abzweig nach Gorno Altaisk sind wir noch nicht richtig müde und spät ist auch noch nicht. Eigentlich war geplant die Nacht dort zu verbringen, um am nächsten Morgen die Registrierung vorzunehmen. Wenn die Angaben im Lonely Planet stimmen, sollten wir aber später auch noch mal die Möglichkeit haben, und falls auch im Altai die neue 7 Arbeitstageregelung gilt hätten wir eh kein Problem, also entscheiden wir uns weiter zu fahren. Hunger haben wir aber schon, am Fluss finden wir leider nicht wie erwartet ein Restaurant, so nehmen wir das nächst beste an der Strasse, ist eher nobler und Preise entsprechend, wir sind noch früh und somit die einzigen Gäste. Das essen ist aber gut, und am Schluss bezahlbarer als erwartet. Weiter geht es Kaтунъ entlang, kurze Fotopause bei einer Hängebrücke die, zwar nur einzeln von den Autos befahren werden kann, aber an den Schlangen gemessen extrem beliebt ist. 
Die Hängebrücke
Kloster
Die Schlafplatzsuche gestaltet sich zuerst schwieriger als geglaubt, da die Strasse nun weiter vom Fluss weg ist, der erste Versuch eine Seitenstrasse zu nehmen führt wieder zurück, der zweite Versuch führt aber zu einem wirklich schönen Platz am Fluss. Es bleibt sogar noch Zeit zum Waschen, sicherheitshalber wird auch das Essen bärensicher aufgehängt, und schon liegen wir in den Schlafsäcken und geniessen noch die schöne Abendstimmung. Als wir schon fast eingeschlafen sind, gibt es dann doch noch Besuch, ein Auto wählt den selben Platz zum Übernachten, aber scheinen auf der Durchfahrt zu sein, am nächsten Morgen sind sie auch schon in der Dämmerung weg.
Sicht von unserem Zeltplatz - der Himmel beginnt zu glühen
Der Himmel glüht

20.6.2011  – Kurz hinter Куюс 
Zusammenpacken
Die Gegend ist weiterhin sehr touristisch, in jedem Ort gibt es einen Geldautomaten und Internet. An vielen Stellen stehen neue Blockhäuser und es gibt ein reiches Angebot an relativ modernen Lebensmittelläden.
Verkaufsstände am Strassenrand
Bei einer ebenfalls sehr modernen Tankstelle gibt’s super gutes Gebäck (Pizza und Süsses). Danach zweigen wir ab ins Tal von Чемал. Es ist weiterhin touristisch, Pferde zum mieten stehen am Strassenrand bereit. Christian kommt heute vorerst nicht auf Touren und so gibt’s ein Vormittagsschlaf am Strassenrand unter Bäumen.
Friedliches Bild - Pferde am Strassenrand
Stute mit ihrem Fohlen
Es wird hügliger
Auch Kühe lieben offenbar Strände
Schöne Hängebrücke
In einer der einzigen Ortschaften wo Kartoffelfelder bei den Häusern noch darauf hinweisen, dass hier nicht nur Touristen wohnen finden wir ein Strassenkaffe so gibt’s unseren ersten Vitaminsky-Salat (Kohl, Karotten, irgendwas und keine Mayonnaise sondern feine klare Sauce die evtl. Zitrone beinhaltet) und eine gute Suppe. 
Schönes ursprünglich aussehendes Dorf
Das Wetter verschlechtert sich, es beginnt zu Regnen. Für das nächste Ereignis lautet Christians Notiz „Kurz vor Чемал schlägt Dina im Altai ein“. Wir sind gerade im Regen am zügig gegen Чемал fahren, als ich plötzlich das Gefühl habe auf der nassen Strasse ausgerutscht zu sein, über den Lenker fliege und mit den Handschuhen bremsend auf dem feuchten Teer zu liegen komme. Uups was ist jetzt passiert, noch im Schock packe ich schnell mein Rad und will weiterfahren – Kette gerissen. Christian ist derweil schon beim ersten Laden der Ortschaft angekommen, denkt ich sei bloss am Regenhosenüberziehen und kommt somit zuerst gar nicht ganz nach als ich ihm von meinem Sprung auf die Strasse erzähle. Beim Supermarkt können wir zum Glück unterstehen. Christian nimmt sich meinem Rad an, Kette wird mit Kettenschloss verschlossen, zudem ist ein Schalträdchen kaputt gegangen, zum Glück hat Christian Ersatz dabei (hätte selbst nicht gedacht, dass die einfach so zerspringen). Zwar hat die Gore-Tex Jacke leichte Schrammen aber dafür sind die an mir für den Sturz erstaunlich wenig, nur paar wenige nur leicht blutende Schürfungen an Unterarm und Hüfte. Wir scheinen das Interesse der Leute anzuziehen, mehrere fragen nach unserem Weg, in die Mongolei finden sie aber weit.
Internet findet sich nicht ganz so leicht wie für grösseren Ort mit Tourismus gedacht, aber nach ein paar mal fragen landen wir bei einer kleinen Poststelle mit funktionierendem Internet.
Irgendwie hab ich mich noch nicht von meinem Schock vom Sturz erholt, kaum weitergefahren und noch nicht richtig aus dem Ort, brauche ich schon wieder Pause, nach Schokolade geht’s dann besser. 
Noch sehen die Wolken schön aus
Und die Flusslandschaft auch


















Die Wolken verdichten sich
Zum Glück unter einem Vordach - gegenüber die Dorfbeiz und der Laden

Schön wieder Pferde - da hat Dina Freude
Die Strasse wird schmaler und die Gegend weniger touristisch und einsamer. Schon wieder türmen sich dunkle Wolken am Himmel auf, die Landschaft ist schön. Im vorletzten Ort an der Strasse (Elanda) gehen wir nochmals einkaufen, kaum wieder draussen schüttet es los. Wir können uns unters Vordach von einem öffentlichen Gebäude retten. Schnell haben sich grosse Pfützen auf dem Dorfplatz gebildet. Doch nicht alle Leute stört der Platzregen einige wenige spazieren dennoch gemütlich über die Strasse für in die Bar. Hier hört der Asphalt auf, und vielleicht darum wird Christian plötzlich wieder richtig fit. Wir scheinen nicht als die oder Touris zu wirken, denn ein Autofahrer fragt uns nach dem Weg, er scheint einfach nicht realisiert zu haben, dass er schon durch Чемал durchfuhr.
Es geht weiter das Tal hoch bis zum letzten Dorf Куюс. Der Tag neigt sich zu ende. Was wir jetzt noch brauchen ist Wasser und ein Schlafplatz. Brunnen ist schnell gefunden auf dem Dorfplatz. Nur, wie bedient man den? Nein, mit Pumpbewegung geht es nicht. Hilfe, kommt von einer weiblichen Stimme aus einem Garten in der Nähe, statt wie bei uns üblich den Pumphebel hoch und runter zu bewegen, muss dieser gedrückt werden. 
Von dort hinten kommt der Fluss
Öffentliches Gebäude in Куюс
Dorfstrasse
Zwei km ausserhalb des Dorfes finden wir einen guten Schlafplatz zwischen Felsen. Nur der Baum fehlt um unser Essen bärensicher aufzuhängen. Wir sind uns zwar nicht sicher ob es genau hier auch Bären gibt, Christian legt aber dennoch in einer nächtlichen Kletteraktion noch unseren Essensack auf einen der höheren Felsblöcke.

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