Freitag, 6. Juli 2012

Entlang der mongolischen Grenze



Am Kargy (ca. 30 km Luftlinie vor Mugur-Aksy) - Mündung des Chemtschegejlig-Chem

Die Nacht wird dann nicht sehr erholsam. Etwas nach Mitternacht werden wir von unserer Alarmanlage an den Velos geweckt. Wie abgesprochen, beginne ich zu Bellen, kurz später setzt auch Christian ein. Draussen ist ein Rascheln und dann etwas was tönt wie sich rasch entfernende Hufe zu hören. Christian deutet es als Hirsch und geht raus, um den Alarm abzuschalten. Wir sind noch im Zelt am Diskutieren als plötzlich sehr nahe ein Schuss knallt. All die schlechten Berichte, die wir über die Tuvinen (in ihrem Land sind wir seit zwei Tagen) hörten und lasen kommen uns in den Sinn. Unser erster Gedanke ist, da will uns jemand weg haben, wir verbinden es zuerst gar nicht unbedingt mit dem Abgehen des Alarmes. Wir beschliessen pro aktiv zu sein, und beschliessen raus zu gehen um mit der schiessenden Person Kontakt aufzunehmen um zu wissen, was sie wirklich will. Doch niemand meldet sich und es ist nichts zu hören und sehen, und dennoch haben wir das Gefühl es sei noch jemand in der Nähe. Auch weitere Versuche Kontakt aufzunehmen sind nicht erfolgreich. Sollen wir das Zelt abbauen und trotzdem, dass es mitten in der Nacht ist weiterfahren? Wir beschliessen abzuwarten bis es leicht dämmert, wirklich an geruhsames Schlafen ist nicht mehr zu denken. Am Morgen sehen wir, dass die Expander, mit welchen wir jeweils die Räder am Zelt befestigen gelöst sind. Dies war wohl kaum ein Hirsch! Hat sich also die Alarmanlage gelohnt. Ob der Schuss aus Verärgerung über den vereitelten Diebstahl war? Leider tröpfelt es als wir losgehen (als erstes überqueren wir den Fluss). Vor allem bei mir wirkt der Schreck der Nacht noch nach und der fehlende Schlaf tut sein übriges dazu, am liebsten möchte ich heim, und es fällt mir schwer mich an der auch im Nieselregen schön aussehenden Landschaft zu erfreuen. Nur ab und an sieht man eine Jurte, die Stelle wo wir übernachteten war wohl die am stärksten besiedelte. Erst als wir kurz vor Mugur-Aksy sind hat es öfters Verkehr. Mugur-Aksy überrascht mich dann positiv. Die Ortschaft ist sehr belebt, gepflegt und wohl im Wachstum, so wird an ihrem Rand überall gebaut. Auch die Leute begegnen uns offen und freundlich und wie in der Mongolei wird man oft gefragt woher, wohin? Speziell fällt mir hier auf, dass mir als Frau die Hand zur Begrüssung gereicht wird und dies auch wenn Christian gerade beim Einkaufen ist. Mit neuen Lebensmitteln und einem aufgebesserten Bild über die Tuvinen fahren wir weiter. Beim Picknickplatz nur leicht ausserhalb des Dorfes essen wir wieder einmal Smetana mit Marmelade, was meine Stimmung zusätzlich verbessert.

Das leicht hügelige Tal des Flusses Kargy
Es ist noch kühl und regnerisch
Leider nicht sehr fruchtbare Fläche
Auch die weissen Berge zeigen sich langsam in den Wolken
Der Verkehr nimmt vor Murgur-Aksy leicht zu (von 0 auf wenig)
Es wird kräftig gebaut am Dorfeingang von Murgur-Aksy
Gespannt sind wir nun ob es mit dem Weiterkommen klappt, denn unsere Strasse führt schon bald in die Boarderzone für welche ein Permit notwendig ist. Dies haben wir zwar wie das Altai Permit beantragt, da wir aber keine E-Mail Adresse von Tuwa hatten an die zentrale Stelle des FSB gesendet und seit da nichts mehr gehört, auch nicht auf unsere Nachfrage, wo wir das Permit abholen können. Leider befindet sich der Kontrollpunkt für die Grenzzone nicht in der Ortschaft sondern erst etwa 23 km danach, kurz bevor die Strasse wieder über den Fluss Kargy führt. Die ersten Km führt die Strasse in leichter Steigung 300 Höhenmeter hoch um dann eine rasante Abfahrt mit schönem Blick in die Mongolei zu bieten. Der Schlagbaum des Kontrollpunktes ist besetzt, leider denken wir. Sogleich kommt ein freundlich grüssender Soldat auf uns zu und meint wir kommen sicher für die Permits, wir sollen ihm doch ins etwa 200 m entfernte Gebäude folgen. Christians erster Gedanke ist, ah sie stellen Permits on the spot aus, aber weit gefehlt. Der Beamte, welche in einer Schublade im Büro nach Papieren kramt, ist nicht auf der Suche nach Antragsformularen, sondern nach unseren Permits.  Denn diese liegen zu unserem grossen Erstaunen hier fertig Ausgefüllt und unterzeichnet bereit. Die russische Bürokratie scheint zu funktionieren und Beamte mitzudenken, denn es war nur anhand unserer angegebenen Reiseroute ersichtlich, dass wir wohl als erstes diesen Kontrollpunkt passieren. Ein riesiger Aufsteller für uns, wo doch der Tag mit Schuss nicht ideal begonnen hat, denn nun können wir unseren Weg wie vorgesehen fortsetzen ohne Angst vor Kontrollen zu haben. Auch beruhigend ist die Aussage von einem der Soldaten, nach dem wir ihm von unserem nächtlichen Erlebnis erzählen, dass uns dies hier in der Grenzzone nicht passieren sollte, denn sie hätten die Leute hier im Griff und machen regelmässig Kontrollfahrten. Interessant ist, dass keiner der Soldaten die wir sehen Tuwine ist, denn sie sehen allesamt russisch aus.

Bei Murgur-Aksy
Wachen über den Picknickplaz bei Murgur-Aksy
Die Sonne kommt
Blick in die Mongolei
Grassteppe noch vor der Boarderzone
Gestärkt durch den Stolz auf die erfolgreiche Permitbeantragung nehmen wir den nun folgenden Pass in Angriff. Die Strasse steigt schnell an, ist aber schön geführt mit Serpentinen wo notwendig und erträglicher und fahrbaren Steigung. Auch der Belag ist nur an wenigen Stellen weich und rutschig. Die Aussicht ist wunder schön auf die karge Landschaft mit dem Grün spendenden Kargy. Nach mehr als der Hälfte der Steigung öffnet  sich das Tal leicht, und es hat einen Hof, welcher zur Zeit nicht bewohnt ist, es aber wohl zu gewissen Zeiten im Jahr sicher ist, wahrscheinlich im Winter, denn es hat interessante, niedrige, runde, erdbedeckte Ställe. Da Christian viel Zeit für das Löschen von alten Fotos braucht, bin ich für einmal die erst, die den Pass Koge-Dawa erreicht. Muss sagen würde mir auch besser gefallen Fotos vom noch hochstrampelnden Christian zu schiessen als fast immer selbst dieses Motiv zu sein.
Auf der anderen Seite des Passes ist die Landschaft grüner, auf der ersten Wiese ist eine Yakherde am Weiden, Jurten sieht man aber noch keine. Leider ist das Wetter wieder schlechter geworden und es Nieselt leicht , die Abfahrt ist kühl und erfordert Aufmerksamkeit, denn immer wieder hat die Strasse Stellen mit losem Kies. Zeitweise verschwindet das Wasser im Bach des Tales und kommt erst wieder kurz vor dem, dass der Chemtschegejlig-Chem in ihn mündet, zum Vorschein. Am Taleingang des Chemtschegejlig-Chem finden wir einen guten Platz für die Nacht. Da wir unsicher sind ob es Bären hat, spielt Christian mal wieder Äffchen und hängt unser Essen auf. Die Turnerei wäre nicht notwendig gewesen, in der Gegend gibt es keine, wie uns der Kaffeebesitzer am nächsten Tag versichert.

Nochmals der Fluss Kargy
Blick beim Auftieg auf den Koge Dawa
Und weils so schön ist noch einmal
Alpsiedlung unterhalb des Passes - zur Zeit unbewohnt
Die Passhöhe des Koge Dawa ist erreicht
Blick auf die andere Seite runter
Grosse Yakherde unterhalb des Passes Koge
In einem Seitental liegt noch Schnee
Unser Zeltplatz unweit der Strasse auf einer alten Trassee



Mündung des Chemtschegejlig-Chem –  Nach dem Pass Kaltschai

Kurz bevor die Strasse eine 90 Grad Drehung macht und denn Bach Arzajty wieder hoch führt, stehen Jurten und zwei Kaffees. Im ersten sind sie noch am Vorbereiten, und wir werden gekonnt komplett ignoriert. Beim zweiten haben wir mehr Glück und bekommen Tee und der Besitzer setzt sich für einen kleinen Schwatz zu uns und erzählt von einem Spanier, der letztes Jahr mit einer Südkoreanerin hier wandern war. Auch wenige Lebensmittel kann man in seinem Kaffee kaufen. 

Kurz bevor die Strasse vom Pass das andere Tal hoch führt gibt es zwei Gaststätten
Gemächlich steigt die Strasse an im Tal des Baches Arzajty und zu Beginn stehen viele Jurten in Strassennähe. Im oberen Teil stehen dann wieder wunderschöne Blumenwiesen. Die Hügel sind hier runder und die Hänge eher flach, ob die Wiesen wohl für Heu gemäht werden? Am Strassenrand gibt es wieder wilde, Rhabarber, Dina kann natürlich nicht widerstehen und muss eine Portion sammeln. Hinter dem Pass Arzajty ändert die Landschaft nichts mehr ist mit saftigen Alpwiesen, dafür sieht man in die Mongolei, und es geht auf Lehmstrasse zuerst leicht bergab, so macht Fahrradfahren Spass. Hier gäbe es sogar auch ein Kaffee, aber dieses hat leider geschlossen. Mühsamer wegen Strasse mit Wellblech und losem Schotter wird es dann nach der Ortschaft Sagly, dafür wieder grüner. Auf dem Pass Kaltschai fühlt man sich wieder wie im Jura, wären da nicht die Obos. Da die Ebene auf der Karte nicht viel Deckung für einen Übernachtungsplatz bietet, nutzen wir die erste Gelegenheit, und fahren nach dem wir am ersten Bach den wir querten, Wassergefasst haben in den Wald. Wir haben Glück und finden eine schöne Lichtung. Besonders faszinierend sind hier die vielen verschiedenen Steinbrecherpflanzen die es hat, weniger faszinierend die obligaten Mücken.
Angenehm flach führt die Strasse wieder ein Tal hoch
Kurz unter dem Pass wird das Gras wieder höher und durchsetzt mit Blumen
Diese Raststätte hat leider nicht offen
Lehmpiste mit Rückenwind - Dinas Velowelt ist in Ordnung
Lange gerade Strecken
Wolkenspiel, aber der Regen erreicht uns nicht


Zwischenzeitlich ist es grüner
Der gerade Strich in die Ferne ist die Strasse
Wieder ein Blick Richtung Mongolei
Kleine Frau grosser Obo
Zum Abschluss des Tages gibt es wieder Wald
Der Zeltplatz ist gefunden - eine Waldlichtung




Nach dem Pass Kaltschai - Tschadan

Leider wird heute die Stasse bald mühsam zum velofahren, lockerer Schotter und Wellblech, auch die „Nebenstrassen“ sind nicht wirklich schöner zum fahren. So fühlt sich Dina müde und braucht lange ums sich wieder fürs Radfahren begeistern zu können. Das Baden und Waschen im Bach Schyrgaj-Ozej tut gut. Und auch die Strasse fährt sich nun wieder besser. Kurz danach hält ein grosser weisser Geländewagen, es ist Grenzmilitär die unsere Permits sehen wollen. Die haben wir ja zum Glück und so gehen sie schnell zu einem kurzen Schwatz über. Die Steigung des Passes vor dem man auf die Hauptstrasse kommt ist gnädig und oben hat es sogar ein Picknickunterstand für einen Rast. Nun ist der Teer nicht mehr weit und wir müssen uns definitiv entscheiden ob wir ihn bald wieder verlassen wollen und weiter der Grenze entlang fahren oder ihn nutzen und Richtung Tschadan fahren. Wir entscheiden uns für das zweite um auch noch was vom Inneren von Tuwa zu sehen. 
Leider zieht sich die Strasse und ist schlechter als sie aussieht zu fahren

Auch die Nebenpiste mag Dina nicht wirklich

Grösserer Hof

Kamen von der nahen Jurte angaloppiert

Strasse ist gerade gesperrt

Es geht runter zu der Teerstrasse

Die Strasse ist hier wieder richtig schön

Unweit der Teerstrasse, das schöne Holzhaus ist gerade in Bau
Chaidagajty lassen wir somit aus, da unsere Strasse davor in die Hauptstrasse mündet. Wir scheinen aber fast die einzigen zu sein, die aus ganz Tuva nicht dahin wollen, denn der Gegenverkehr ist stark, einige Autos sind mit Bändern geschmückt, da müssen wir wohl ein bedeutendes Fest verpassen. Der Anstieg zum Pass Chonbergej ist angehnem, stetig steigend, nicht zu stark und der schöne Tannenwald gibt Schatten. Oben gibt es mehrere Picknickplätze und einen grossen Schrein, viele Tuvinen machen wie wir auch einen Rast und gehen diesen Besuchen. Einer von ihnen drückt uns noch eine Telefonnummer in die Hand, er arbeitet beim Amt für besondere Angelegenheiten in Kysyl. Das Höheverlieren auf der anderen Passseite ist fast perfekt verteilt, die Strasse hat nur eine sanfte Neigung und führt durch grüne Alpwiesen und Tannenwald, kein Vergleich im Vorwärtskommen zu heute Morgen, so vergehen die Kilometer schnell.
Die Abendstimmung ist schön und so beschliessen wir bei Chondergej weiter in Richtung Tschadan zu fahren. Auch wenn auf unserer Karte nicht wirklich viele Häuser eingezeichnet sind, hat es immer welche Leute, zum Zelten bräuchten wir auch noch Wasser der Fluss welcher uns schon seit dem Pass begleitet ist aber hier weit verzweigt und schlecht zugänglich, so fahren wir bis ganz nach Tschadan. Nach kurzem Nachfragen finden wir im Stadtzentrum auch das örtliche Hotel, ein nicht unschmucker Backsteinbau, welchem die gepflegten Blumenbeete davor sogar einen Hauch von Luxus geben. Das Zimmer ist einfach, Duschen und WC auf dem Gang aber alles sauber, zweckmässig und für Russische Hotels auch nicht selbstverständlich auch stabil, dass man es anfassen kann, ohne das was kaputt geht. Mit der Restaurant suche sind wir leider nicht so erfolgreich, entweder haben sie geschlossene Gesellschaft oder geschlossen. Ein einfaches Menü bekommen wir dann in der elegant eingerichteten Bar im Keller des Hotels. Tschadan ist bei Tag eine friedlich, einigermassen gepflegt dreinschauende Stadt mit schönen alten Holzhäusern, durchaus als sehenswert zu bezeichnen. Von der Nacht (auf Samstag) kennen wir nur die Geräusche: Schüsse, brüllende Motoren, bellende Hunde und Polizeisirenen.

Noch nicht lange rollt es so gut

Passhöhe ist schnell erreicht

Würden eine Abwechslung geben zu unseren langweiligen Ortschilder

Schönes Abendlicht

Wolkenverzierte Berge hinter dem Flusstal entlang wessen wir fahren

Es hat schöne Häuser in Chaidagajty

Es hat schöne Häuser in Chaidagajty II

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