Dienstag, 31. Juli 2012

Mühsamer Tag nach Djugabul

Die Konstruktion gegen die Mücken hat leider doch nicht perfekt funktioniert, der Luftzug der vorbeifahrenden Züge hat wohl für eine Reduktion der Mückendichtigkeit gesorgt, entsprechend ist die Nacht nicht ganz so erholsam. Der nächste Morgen ist sehr neblig, da ich früh wach bin hat es keinen Sinn die Sonne abzuwarten. Nach wenigen Kilometern wechsle ich wieder auf die Bahndammpiste, da die alte Baupiste bei Nebel schon recht bedrückend ist, auf dem Damm gibt es dafür fast ein Fluggefühl, wenn man durch den dichten Nebel schwebt. Ausserdem kommen jetzt die relevanten Kilometer, welche das Geburtsjahr angeben. An einer Brücke schiebe ich trotz nahendem Zug auf die Brücke und nutze einen kleinen Balkon, der bei grösseren Brücken für solche Begegnungen vorgesehen ist. Der entgegenkommende Zug entpuppt sich als kleiner Schienenbus, anscheinend ist es hier wirklich schwierig mit LKW oder PKW zu opperieren. Der Nebel beginnt langsam aufzureissen, was über dem breiten Fluss Oljokma zu einer tollen Stimmung führt. Ursprünglich dachte ich eigentlich, dass die Highlights der Strecke die Pässe bis Chani sind, aber auch dieser relativ grosse Fluss ist sehr beeindruckend.
Typische neblige Morgenstimmung
Das verspricht zumindest stabiles Wetter am Tag
Der Nebel hält sich locker bis 10 Uhr
Die fast gespennstische Stimmung ist schwer mit dem Foto festzuhalten
Gegenverkehr erwischt mich auf der Brücke, ist aber nur ein Schienenbus
Sonne kommt raus

Ausweichstelle auf Brücke
Ich wähle die Bahnstrecke, weil die Baupiste hier in die Berge geht
letzter grosser Nebenfluss vor dem Oljokma
So langsam nähere ich mich der grossen Brücke über den Oljokma, die Spannung steigt schon einmal, da ich hier wohl doch lieber nicht auf das Alpacka ausweichen würde. Mir fallen die Geschichten von Motorradfahrern ein, welche einige Stunden warten mussten, bis der Streckenposten die Erlaubnis von seinem Vorgesetzten eingeholt hatte. Ich habe aber Glück, als ich an der Brücke eintreffe sind gleich 4 Personen auf meiner Seite, einer von ihnen malt die Stahlteile an, die anderen 3 spazieren mit mir über die Brücke zur anderen Seite, da ich mich mit dem Brückenwächter unterhalte kann ich nur ab und an einen Blick auf den Fluss werfen. Ich frage noch, wer die anderen beiden Personen sind, diese entpuppen sich als Jeepfahrer, von denen ich schon gehört hatte. Eigentlich hätten sie die Plattform nehmen sollen, haben sie wohl aber nicht und sind irgendwie von Chani hierhergelangt, sie meinten sie wären über die Perevals (Pässe) gefahren, während ich ja die Bahndammpiste gewählt hatte, welche mit Jeeps allerdings nicht geht. Es war also wohl ein hartes Programm für sie mit den neu fehlenden Brücken. Ihre Fahrzeugwahl begeistert mich nicht, anscheinend sind sie mit den Chinesischen Billigjeeps unterwegs, die sind immerhin weitergekommen, als ihr Kollege, den sie zwischen Kuanda und Chara verloren hatten, das war der Jeep den ich dort auf der Piste stehen hab sehen. Immerhin scheint er jetzt bis Chara verbracht worden zu sein und wartet dort auf Ersatzteile (Reifen). Sie sind seit gestern hier und dürfen ohne Erlaubnis nicht über die Brücke. Es ist zwar unklar ob sie diese bekommen, sie scheinen aber zuversichtlich zu sein, sie sind auf dem Weg von Moskau nach Magadan. Ich habe sie später allerdings nicht mehr gesehen. Wir tauschen uns noch über den Simnik aus, den sie wohl dieses Jahr gemacht haben, der scheint wohl bessere Bedingungen als im letzten Jahr aufzuweisen, sogar Motorradfahrer sollen ihn geschafft haben.
Oljokmaüberquerung
ist die Schlüsselstelle für Fahrzeuge
nur Fahrräder und Motorräder kommen drüber
dafür sorgt der Herr in Warnweste, die anderen Herren müssen auf Genehmigung warten (ob mit Erfolg??)
Frohen Mutes verabschiede ich mich von den Männern an der Brücke, wieder ein Hinderniss geschafft, im Internet hatte ich den Bericht von einem Radfahrer gesehen, welcher hier den Zug nehmen musste, weil er nicht über die Brücke gelassen wurde. Die folgenden Kilometer nach Juktali fliege ich regelrecht, die Piste ist zwar gut, doch das ist nicht der Grund, weshalb ich in das 3. Kettenblatt wechseln kann. Erst hinter Juktali wird mir klar, dass ich hier mal für ein paar Kilometer Rückenwind hatte. Vor Juktal, das ich nicht ganz auf der richtigen Piste erreiche, sondern entlang der Schienen, treffe ich noch auf einen LKW-Fahrer, welcher nach Chara will, er ist von Jakutsk hier hergefahren und will mich gleich auf einen Wodka einladen, er wartet noch auf die Plattform, die ihn nach Chani bringen soll.
Hinter Taksimo hat es keine Oberleitung mehr
Mit Rückenwind geht es die letzten Kilometer nach Juktali
Die Strecke am Fluss ist schöner als erwartet
Auch dieser LKW aus Jakutsk wartet auf die Plattform nach Chani
Am Ortseingang zu Juktali
Juktali ist eine der grösseren BAM-Stationen
Juktali ist ein relativ grosser Ort für eine BAM-Siedlung und passt wieder perfekt ins Schema, es gefällt mir nicht, es gibt keine Bank zum Mittag machen, noch Internet und leider auch kein Cafe. Dafür finde ich Müsli und eine Milchlimonade, welche aber weit entfernt von Rivellageschmack ist. Um 14 Uhr werden dann die nicht vorhandenen Gehsteige hochgeklappt und die Läden machen Mittagspause, zum Glück sind nicht alle so pünktlich, so dass ich kurz nach 14 Uhr noch einen kurzen Einkauf machen kann. Die Verkäuferin faselt etwas von Asfalt ab Chilchi und bestätigt mir, dass es im nächsten Ort Djugabul Läden haben werde.
Das motiviert mich für die Nachmittagsetappe, jedoch ziehen sich die 40 km. Die Asfaltinformation lässt mich jedoch vorsichtig werden, alle Informationen die ich habe, besagen, dass es erst in Tynda wieder Asfalt geben würde, vielleicht gab es ja mal Asfalt aber die Dame ist seit Jahrzehnten nicht mehr ausserhalb ihres Dorfes gewesen. Irgendwie bin ich wohl heute nicht so fit, sei es wegen des warmen Wetters oder wegen der Mückennacht, nachdem mir leicht schwindelig ist, mache ich kurz Pause und bade im Fluss.
Auch hinter Juktali hat es noch ein paar Autos und LKW, daher habe ich die Hoffnung, dass ab hier wieder durchgehend Autoverkehr nach Tynda ist und die Strasse entsprechend besser. Die Brücken stimmen positiv, hier hat es regelrechte Autobahnbrücken, allerdings verleitet mich das zu einer krassen Fehlentscheidung, ich folge der normalen Piste und nicht der Bahnpiste. Es ist schon kurz vor Abend und ich freue mich schon auf Djugabul, die Piste führt jedoch gerade den Berg hoch und wird immer schlechter fahrbar, fast muss ich schieben. Das führt dazu, dass sämtliche Mücken und diese nervigen Kleinstfliegen sich an mich heften können und mich in den Wahnsinn treiben. Ich bin völlig gefrustet, aber der Berg geht nicht vorüber. Als ich endlich oben bin, fluche ich über meinen Entscheid und gelobe in Zukunft wieder vor allem auf der Bahnpiste zu fahren.
Nach einer Abfahrt bin ich bald in Djugabul, an der Station ist nur ein Mann zu sehen, ich freue mich schon auf eventuell kühle Cola, nach dem anstrengenden Nachmittag. Daher ist die Enttäuschung um so grösser, als mir der einzelne Mann erklärt, dass die Station alles vom Ort ist und dass der Ort zwar früher mal existierte, aber mittlerweile, wie einige andere BAM-Orte auch, völlig abgerissen ist. Für eine Weiterfahrt bin ich zu erschöpft, bzw. die Station bietet sich auch als Übernachtungsort an. Dort ist ein Nebengebäude offen, welches sogar Strom hat und einen Wasserkocher. Der Mann hier ist nicht allein, sondern ist zusammen mit seinem Kollegen hier gestrandet. Es sind zwei LKW-Fahrer, deren LKW 4 km von hier eine Panne hat und nachdem es wohl hier doch noch keinen Durchgangsverkehr hat, müssen sie die Bahn zurück nach Juktali nehmen um die Reparatur zu organisieren. Sie zeigen mir Photos, vor  eineinhalb Monaten war ihr LKW von einer Brücke gestürzt und sah recht übel aus, die Photos vom jetzigen Vorfall sehen da schon harmloser aus, der LKW hat sich wohl ob einer groben Strassenunebenheit zerlegt. Sie fahren eigentlich regelmässig die Strecke Tynda-Juktali und kennen sich damit gut aus. Ich hatte den LKW nicht gesehen, da sie wohl die einfacher zu fahrende Bahnpiste genommen haben. Für die Weiterfahrt profezeihen sie mir weiter eine schlechte Piste, dafür sei dann Chilchi bewohnt. Ich beschliesse zu warten, bis die beiden per Zug zurückgefahren sind und will danach das Innenzelt in der Eisenbahnerhütte aufbauen. Leider hält zwar ein Personenzug um Mitternacht, aber die Schaffnerin will unverständlicher Weise die Beiden nicht mitnehmen. Es ist wohl nur ein Halt um auf den Gegenzug zu warten und daher kein offizieller Halt dieses Moskau-zuges. Daher baue ich das Innenzelt draussen auf um ein bisschen Schlaf zu bekommen. Mir ist schon klar, dass ich dann bald reinziehen sollte, da es wohl wieder dicke Suppe geben wird, und damit viel Tau. Leider kommt in der Nacht doch kein Zug mehr und so baue ich am andern Tag mein Zelt kurz bevor der Arbeiterzug kommt ab.
Am Nachmittag geht es am Fluss weiter
Es ist recht heiss
Der Fluss lädt zum Baden ein
Noch einmal eine grosse Brücke, Treibholz zeugt vom vergangenen Hochwasser
Auch die Piste hat wieder eine überproportionierte Brücke
War wohl nichts mit Cola am Abend, die Reste von Djugabul

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