Sonntag, 19. August 2012

Über den Pass nach Ust-Nera


Serjoscha und sein Spielzeug

Vitali mit der Ausbeute vom Fischen
Fluss Elge an einem trüben Morgen

Die Brücke ist eine der Grossen an der M56
In der Früh wache ich in meinem Schlafcontainer auf und höre schon das Regengeräusch. Daher habe ich keine Eile. Serjoscha hat sogar Milch für mich, so dass es eine grosse Portion Müsli gibt. Vitali ist mit seinem Kollegen schon unterwegs am Fischen und kommt wenig später mit seinem Fang und bereitet ihn zu. Vitali ist Einheimischer und spricht daher noch eine andere Sprache, als Russisch, welche die Anderen nicht verstehen.
Obwohl es weiter nach Regen aussieht, breche ich gegen 9.30 auf. Ein kurzes Aufklaren hatte mir (fälschlich) Hoffnung gemacht. Zuerst wird nochmal zur Brücke gefahren, gestern Abend war es zu dunkel für ordentliche Photos. Die Brücke ist eine der grösseren am Kolyma-Highway. Bei der Weiterfahrt bemerke ich Pferdeäpfel am Wegesrand, das ist untypisch, hatte ich bisher doch keine Weiderwirtschaft mehr seit Khandyga und Tjoply Kljutsch gesehen. Die Anderen hatten mir gestern Abend aber noch von einem Dorf weiter flussab erzählt, welches in der Karte nicht erscheinen soll. Rauchschwaden ziehen über die Strasse hinweg, so dass ich davon ausgehe, dass noch weiter Leute hier gelager haben. Doch ich irre mich, es sind Reste eines grossen Waldbrandes, der eigentlich vorüber ist, aber immer noch an wenigen Stellen vor sich hinschwelt. Irgendwie radelt es sich heute nicht so gut, das mag auch daran liegen, dass ich erst um Mitternacht ins Bett bin. Zudem hat es starken Gegenwind und die Strasse ist durch den nächtlichen Regen schwer geworden. Ich steuere dem Tal des Elge folgend auf sehr dunkle Wolken zu, welche sich dann doch auflösen. An einer in der Karte eingezeichneten Abzweigung geht es dann wieder nach Osten, ein kleineres Tal entlang zum vielgenannten Pass. Die Spendierer meiner Brotzeit hatten schon erzählt, dass mich vor Ust-Nera noch ein grosser Pass erwarten würde, nach dem ich dann eine sehr lange Abfahrt bis zum Ort hätte. Auf dem GPS versuche ich immer anhand der Luftlinie zum nächsten grossen Wegpunkt abzuschätzen, wie weit es noch ist. Heute habe ich den Eindruck, dass es kürzer ist, als mir die Entfernungsangaben auf den Schildern zu sagen scheint. Auch die Entfernung zum Pass erscheint nicht so weit. Noch im Anstieg zum Pass löst sich das Paradoxon auf, nach dem Kilometer 939 folgen drei leere Kilometerpfähle und als nächstes der Kilometer 961, da werden einem also fast 20 km geschenkt. Daher ist es hier wohl manchmal schwierig eine genaue Angabe von den Einheimischen zu bekommen. Kurz vor dem vermeintlichen Pass habe ich sogar meine 30 Minuten Sonne für heute, dahinter wird es wieder schwarz. Noch bevor ich oben bin, passieren mich ein paar der Männer der gestrigen Runde, u.a. das Polizeiauto von Andrew. Obwohl ich oben bin, zieht sich der Pass noch ziemlich, es geht nämlich noch leicht weiter rauf, obwohl ich eigentlich nicht mehr im Einzugsgebiet des Elge bin. Die Strasse führt einem Kamm entlang. An einigen Punkten kann man schon dahinter schauen und grössere Berge wahrnehmen. Leider ziehen aber Schauerwolken herbei, welche die Sicht verschlechtern.
Die nasse Piste ist etwas schwer zum fahren
Wasserflächen I
Wasserflächen II
Wasserflächen III
Wasserflächen IV
Im Hintergrund Waldbrandflächen
Strasse geht am Hangfuss entlang
Tal des Flusses Elge
zarte Lichtblicke
Noch 1095 km nach Magadan
Es geht ein Seitental zum Pass hoch
Nicht mehr ganz so breit wie um Kyubeme
Steigungen
blauer Himmel lässt sich blicken
 
und sogar Sonne kommt raus
Weiter herbstlich
Kolateralschaden
kurz vor der Passhöhe
Pass in Sicht?
es geht weiter rauf
Fernblick auf hohe Berge
Am Pass
Endlich ist es doch geschafft und ich habe die Abfahrt vor mir. Dabei kommt mir ein Auto entgegen. Hinter mir kehrt es um und erregt durch Doppelhuppen meine Aufmerksamkeit. Da ich in der Abfahrt einige Photos mache und dafür anhalte, holen sie mich ein. Im Auto sitzt eine Englischlehrerin aus Ust-Nera, samt Familie. Sie lädt mich zu sich zum Übernachten ein und gibt mir ihre Adresse. Sie seien noch ein paar Stunden am Pilzsammeln (gribami) und es könne sein, dass ich warten muss. Prima, damit hätte ich ein Problem weniger, das Hotel in Ust-Nera, bzw. seine Übernachtungspreise, sind berühmt-berüchtigt.
Leider ist die Abfahrt dann doch irgendwann einmal vorbei, ohne dass ich schon im Ort bin. Das mit dem grossen Pass war vielleicht auch übertrieben. Die Strecke bis Ust-Nera ist nochmal mühsam zu fahren. Drohender Regen treibt mich jedoch an. Im Tal sieht man schon die ersten Minen. Ust-Nera ist in den 30er Jahren bei einem Goldrausch entstanden. Wahrscheinlich hat Stalin den Rausch angeordnet, in dessen Folge viele Leute zwangsweise in die Region geschickt werden. Das ist ein sehr dunkles Kapitel hier und dafür ist die Gegend eigentlich bekannt. Viele Touristen kommen auch deshalb hierher. Als die Norwegischen Motorradfahrer in Jakutsk über die Route diskutierten, war die Frage, ob auf dem letzten Abschnitt die Federalnaya Trassa oder die Tenkinskaya genommen werden sollte. Einer von ihnen war dann schwer dafür die Federalnaya zu nehmen, weil dort mehr Stätten der Vergangenheit wären (Let's do the Gulags). Als erstes scheine ich auf den alten Ort Ust-nera zu treffen, am Fluss hat es einige Häuser, als ich wegen der Adresse nachfrage, werde ich aber einige Kilometer weitergeschickt. Die Indigirka hat erstaunlich viel Wasser, sie kommt aus der Gegend um Tomtor. Wahrscheinlich war es doch gut nicht OSR zu fahren, vom Wetter her sowieso. In Ust-nera mache ich einen Schlenker durch den Ort. Es stehen auch hier, wie sonst auch grosse Kästen herum, die auf Pfählen errichtet sind, ein bisschen heruntergekommen ist der Ort und passt damit ins Bild des gottverlassenen Städtchens, welches noch abgelegener als Jakutsk ist. Die Geschäfte sind recht teuer und das Café leider zu. So mache ich mich auf die angegebene Adresse zu finden. Das ganze findet im Regen statt, der sich zu Starkregen ausweitet. Zum Glück hat er erst im Ort angefangen. Ich muss mich bei einigen Leuten durchfragen, bis ich endlich an der richtigen Adresse bin. Meine Gastgeber sind noch nicht da. Nach 30 Minuten Warten kommen sie aber. Es ist Aigul, die Englischlehrerin, welche aus Bashkirien stammt und ihr kleiner Sohn Tijon. Ihr Mann Andrej kommt erst später am Abend, er stammt aus Blagoveshensk, ist aber auch Bashkire, anscheinend heiratet man unter sich. Ich bin ziemlich müde und bin froh noch eine Dusche nehmen zu können und dann im Kinderzimmer übernachten zu können, dort hat es sogar ein Gästebett.
Dunkle Wolken ziehen rein
So sieht Gebirgstundra aus
Die Passtrasse führt einen Kamm entlang
und zieht sich länger als erwartet
Abfahrt
Unten angelangt
km 1000
weite Wälder und ein grosser Fluss
Den Gegenwind sieht man nicht
gut präparierte Piste
Erster Vorort von Ust-Nera
liegt an der Indigarka
Der Fluss führt viel Wasser
und kommt aus der Region Tomtor/Omjakon
sieht fast wie Teer aus
gleich setzt Regen ein
Ust-Nera

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